Die Inkastadt Machu Picchu in Peru, das Grabmal Taj Mahal in Indien oder der Berg Athos in Griechenland, die Liste der UNESCO-Welterbestätten ist lang. Im Juni 2002 wurde auch das „Obere Mittelrheintal“, das sich auf 60 km zwischen Bingen/Rüdesheim und Koblenz erstreckt, in die Liste aufgenommen – als erste deutsche Kulturlandschaft überhaupt. Was die Faszination dieses einzigartigen Kulturraums ausmacht, darüber hat die Stiftung Baukultur mit dem Präsidenten der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord), Dr. Ulrich Kleemann, gesprochen.
Die SGD Nord ist auch Sitz der Geschäftsstelle der Initiative Baukultur für das Welterbe Oberes Mittelrheintal, die alle wesentlichen Entscheidungsträger unter ihrem Dach vereint. Im Kern geht es der Initiative um die Förderung der Baukultur.
Dr. Kleemann: Ja, schließlich war das baukulturelle Erbe einer der wesentlichen Gründe für die Anerkennung als Welterbe. Und der Titel verpflichtet. Wir brauchen Leitbilder und Konzepte, die die Verantwortung für diesen herausragenden Kulturraum definieren. Hier bietet die Initiative Baukultur eine ideale Plattform. Gemeinsam mit unseren Partnern (Finanzministerium RLP, Generaldirektion Kulturelles Erbe, Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal und Architektenkammer RLP) entwickeln wir zukunftsfähige Konzepte und bringen erfolgreich Projekte auf den Weg. Neben den Leitfäden zu Baukultur, Farbkultur und Straßenraumgestaltung, die als Handlungsempfehlungen entscheidend zur baukulturellen Identität der Region beitragen, haben wir mit der Neugestaltung des Rheinufers und des öffentlichen Raumes in der Modellstadt St. Goar sowie des Loreley Plateaus baukulturelle Akzente gesetzt.
Welche Projekte spielen für die Initiative Baukultur in Zukunft eine wichtige Rolle?
Dr. Kleemann: Überzeugungsarbeit leisten und für die Belange der Baukultur werben, ist auch künftig unsere Handlungsmaxime! In diesem Sinne unterstützen wir weiterhin Projekte, die für die baukulturelle Entwicklung des Welterbes zentral sind. Gerade mit Blick auf die BUGA 2029 steht die Wahrnehmung des Erscheinungsbildes des Oberen Mittelrheintals im Fokus. Hier können wir durch die Initiierung und fachliche Begleitung von flankierenden, langfristig angelegten Projekten eine Attraktivitätssteigerung darstellen und einen wichtigen Beitrag leisten.
Der Titel UNESCO-Welterbe bringt besondere Verantwortung mit sich. Gleichzeitig ist er ein wichtiger Motor für die Region. Wo sehen Sie wesentliche Herausforderungen, um die Region fit für die Zukunft zu machen?
Dr. Kleemann: Das Obere Mittelrheintal ist ein ganz besonderer Landstrich. Hochrangige Kulturdenkmäler in hoher Dichte direkt vor unserer Haustür: Burgen, Festungen, Schlösser, Kirchen, historische Orts- und Stadtkerne, eingebettet in eine einzigartige Landschaft. Unsere Verantwortung ist es, das Obere Mittelrheintal für nachkommende Generationen zu bewahren, verfügt das Welterbe doch über eine Jahrhunderte alte Bautradition. Zugleich werden durch Bau- und Planungskultur weiche Standortfaktoren gefördert und die Attraktivität der Region im Standortwettbewerb verbessert. Erneuerung und Modernisierung im Bestand gehören zu den elementarsten Bauaufgaben der Zukunft – so auch im Welterbe. Die Umweltschutzziele erfordern qualitätsvolle Planungen, die einen schonenden Umgang mit Natur und Landschaft, Grund und Boden zum Ziel haben. Energieeinsparung und Nutzung regenerativer Energien sind hierbei wichtige Faktoren.
Die bevorstehende BUGA 2029 wird sicher neuen Schwung ins Tal bringen. Welche Potenziale sehen Sie für das Obere Mittelrheintal?
Dr. Kleemann: Die BUGA in Koblenz 2011 hat die gesamte Region als nachhaltiges Erfolgsmodell wahrgenommen. Wir alle erhoffen uns natürlich von der BUGA 2029 vergleichbare Effekte. Mit Freude beobachte ich, mit welcher Begeisterung und Zuversicht dieses Projekt vorangetrieben wird. Es gibt ein gemeinsames Ziel, für das es sich zu engagieren lohnt. Allein dieser Umstand kann vieles bewegen. Ich erhoffe mir, dass die Fragestellungen, die uns seit Jahren im Welterbe begleiten, eine neue Dynamik erfahren. Dass wir Lösungen finden, die das Tal zu einem Ort werden lassen, in dem die Menschen das Leben und Arbeiten in diesem herausragenden Kulturraum genießen können. Dessen Potentiale werden auch die Macher der BUGA zu nutzen wissen und dieses Ereignis kreativ und spannend gestalten.
- Dieser Beitrag ist Teil der Publikationsreihe „Wir sind Heimat 2.0“ und erschien zuerst bei der Stiftung Baukultur Rheinland-Pfalz.