Wie wirken sich Digitalisierung und Künstliche Intelligenz auf das kommunale Leben in Rheinland-Pfalz aus? Dieser Frage sind jetzt Wissenschaftler im Auftrag der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz nachgegangen. In einem knapp 90-seitigen Gutachten kommen die Experten zu dem Schluss, dass in den nächsten 30 Jahren eine Reihe von Bereichen von neuen digitalen Anwendungen profitieren könnte. Sie warnen aber auch vor Strukturen, die von Spezialisten und der Privatwirtschaft dominiert werden.
Die Wissenschaftler erwarten bei der Einführung künstlicher Systeme und der Digitalisierung von der Politik gesellschaftliche Steuerung und Regulierung. Informationen über Potenziale und Risiken der Digitalisierung müssten transparent zugänglich und bekannt gemacht werden. „Es besteht die Gefahr, dass sich beim Einführungsprozess nicht-legitimierte, von Spezialisten und der Privatwirtschaft dominierte Strukturen etablieren“, warnt die Studie. Bei der digitalen Transformation könnten nicht einfach Lösungen aus der vordigitalen Ära auf heutige und künftige Probleme angewendet werden. Eine negative oder positive Entwicklung sei stark von der Aktivität beziehungsweise Passivität der Akteure aus Politik und Wirtschaft abhängig.
Chancen ergeben sich demnach in einem Szenario bis zum Jahr 2050 für Rheinland-Pfalz beispielsweise in der Landwirtschaft, etwa durch eine exaktere und effizientere Präzisionslandwirtschaft dank maschinellem Lernen und dem Einsatz von Sensortechnik und Geodaten. In der Gesundheit und Pflege helfen Telemedizin und Ambient Assisted Living (AAL), die medizinische Versorgung in schwach besiedelten Regionen sicherzustellen. AAL umfasst dabei Systeme und Produkte, die das Alltagsleben der Menschen situationsabhängig und unaufdringlich unterstützt. Und im Tourismus erwarten die Wissenschaftler neue, interaktive Informationssysteme und Augmented-Reality-Anwendungen.
Erstellt wurde die Studie von Autorinnen und Autoren der TU Kaiserslautern (Fachgebiet Stadtsoziologie), des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) und des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software-Engineering (IESE). Die Experten skizzierten dabei die Chancen und Risiken in zwei extremen Varianten und stellten sie einander gegenüber. Sie berücksichtigten dabei die unterschiedlichen Regionen und Lebensbereiche in Rheinland-Pfalz.
Während das Dystopie-Szenario eine Zukunft zeichnet, in der die Märkte von wenigen global agierenden Playern mit enormer Datenhoheit und aggressiven Geschäftsmodellen dominiert werden, zeigt das Utopie-Szenario eine von Teilhabe und Mitbestimmung geprägte, digitale Zukunft: Die digitale Transformation wird durch Politik und Gesellschaft gleichermaßen gesteuert, Bürger haben volle Datenhoheit und bestimmen individuell und situationsspezifisch, wann und welche Daten sie veröffentlichen möchten. Neue Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung und neue Mobilitätsformen haben das Leben und Arbeiten auf dem Land flexibler und attraktiver gemacht. Ethische Grundprinzipien, gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Anforderungen werden hier mit den technologischen Potenzialen optimal in Einklang gebracht.
Welchem Szenario sich Rheinland-Pfalz tatsächlich in den kommenden 30 Jahren angleichen wird, kann heute – laut Expertenmeinung – nur schwer prognostiziert werden. Die gesellschaftlichen Folgen der Digitalisierung als einem globalen Prozess sind nicht vorherbestimmt, sondern bleiben abhängig vom Handeln der Akteure. Vor diesem Hintergrund erfordere die digitale Transformation Gestaltungswillen, spezifische Kenntnisse und auch Regulierung. Die Empfehlung aus dem Gutachten lautet daher, Informationen über Potenziale und Risiken transparent zugänglich und bekannt zu machen, die Bevölkerung aktiv einzubinden und eine strukturierte Förderung zu leisten, um Insellösungen zu überwinden und stattdessen Standards und offene Infrastrukturen zu schaffen. Die Studie nennt darüber hinaus einzelne Handlungsimpulse für explizite Regionen und Bereiche.
Dies ist die Zusammenfassung der „Gutachterlichen Stellungnahme zu den Auswirkungen künstlicher Systeme und der Digitalisierung auf das kommunale Leben in Rheinland-Pfalz 2050“. Die gesamte Studie steht auf dieser Webseite ea-rlp.de/earlpdigital2019 zum Download als PDF (88 Seiten, 18 MB) zur Verfügung.
Auszug 1 – Künstliche Intelligenz: Konzepte und Technologien
Auszug 2 – Fünf Beispiele: Chancen durch KI in Landwirtschaft, Gesundheit, Ehrenamt, Tourismus und Mobilität in RLP
Auszug 3 – Szenarien für Rheinland-Pfalz: Zwischen Dystopie und Utopie