Wittlich (Südeifel) – Einfach die App öffnen, die nächste Haltestelle finden und sich von Kleinbussen mit Namen wie ‘Lieser’ oder ‘Mathilde’ abholen lassen. Über 70 Haltestellen, flexible Routen und tägliche Verfügbarkeit (außer an Feiertagen) machen das Projekt “Wittlich-Shuttle” zu einer Mobilitätslösung für monatlich über 1400 Fahrgäste in der Stadt Wittlich. Die Kleinbusse schaffen Lebensqualität und verbessern die Erreichbarkeit in der Stadt und den fünf Stadtteilen Bombogen, Dorf, Lüxem, Neuerburg und Wengerohr.
Per Shuttle-Bus durch die Stadt
Im ländlichen Raum ist es kaum möglich, ohne Auto von A nach B zu kommen, da das Angebot von Bus und Bahn oft nicht leistungsfähig genug ist. Entsprechend gering ist die Nachfrage, was dazu führt, dass ÖPNV-Angebote eher verschwinden als dass sie ausgebaut werden.
Davon ist auch die Kreisstadt Wittlich (Kreis Bernkastel-Wittlich) betroffen. Sie ist mit ihren knapp 20.000 Einwohner*innen zu klein, um ein großes Busnetz zu betreiben. Die Linien, die es gab, wurden kaum genutzt. Immer wieder gab es Leerfahrten. Meist fuhren nur 10 Personen pro Tag mit den Stadtbuslinien. Weder für die Stadtverwaltung noch die Bürgerinnen und Bürger eine zufriedenstellende Situation. Ein Antrag des Stadtrates zur Optimierung des Linienverkehrs gab schließlich den Ausschlag für die Umstellung auf ein Rufbussystem. Daraus entwickelte sich anschließend das Wittlich-Shuttle.
Die Stadt stellte die Buslinien ein und baute das ‘Wittlich Shuttle’ auf. Statt fester Linien und Abfahrtszeiten fahren Kleinbusse je nach Bedarf von A nach B. Sie werden telefonisch oder per App direkt vor der Abfahrt oder im Voraus bestellt. Um möglichst viele Menschen zu befördern, wählen sie nicht immer den direkten Weg, sondern können unterwegs weitere Fahrgäste aufnehmen oder absetzen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Fahrt im Vorfeld gebucht wurde. Fahrgäste, die an einer Haltestelle warten, dürfen nicht mitgenommen werden.
In den ersten Jahren wurde das Projekt finanziell unterstützt, heute betreibt die Stadt den Wittlich-Shuttle auf eigene Rechnung und konnte die Fahrgastzahlen deutlich steigern.
Beschreibung des Projektes
Bei 49,63 km² Fläche und rund 20.000 Einwohnern Menschen ohne eigenes Auto kostengünstig und zuverlässig von A nach B zu bringen, ist für eine Kommune eine Herausforderung: Mit einem ÖPNV-Angebot per Bus, wie es in vielen anderen Städten üblich ist, war dies in Wittlich nicht zu schaffen: Sinkende Fahrgastzahlen, Unzufriedenheit mit den Verbindungen und den Fahrplänen sowie oft das Gefühl, nicht schnell genug von A nach B zu kommen, waren die Folge.
Auf Initiative des Stadtrats hin wurde vom Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) und der Stadtverwaltung ein Rufbus angedacht, der die Stadtbusse ersetzen könnte. Im Rahmen der Markterkundung kam die Deutsche Bahn-Tochter IOKI mit an Bord, die ein Modellprojekt für ihre bedarfsgesteuerten Verkehrslösungen (“On Demand”) im ländlichen Raum suchte. Die Haltestellen in der Stadt blieben nicht nur erhalten, sondern wurden sogar verdoppelt. Neu war, dass die Fahrgäste den Fahrplan nun per Anruf oder App bestimmten. Sprinter befördern die Fahrgäste zu den gewünschten Zeiten an die gewünschten Orten.
Organisiert wurde das anfangs über eine telefonische Zentrale. Seit dem Einstieg von IOKI können die Fahrzeuge auch per App bestellt werden. Die Fahrgastzahlen stiegen seit Einführung der App stetig. Bis zu 1.400 Personen pro Monat werden heute mit dem Wittlich-Shuttle transportiert.
Wie funktioniert es?
Das Wittlich-Shuttle ist ein On-Demand-Verkehr („Bei-Bedarf-Verkehr“), der in der Stadt Wittlich und den Stadtteilen angeboten wird. Fahrgäste können ihre Fahrten per App oder Telefon bestellen. Die Fahrzeuge verkehren auf flexiblen Routen und holen die Fahrgäste an einer der 76 Haltestellen ab. Man gibt den Start- und Zielort in die App ein und erhält eine Übersicht über die verfügbaren Fahrten. Anschließend kann man die Fahrt direkt buchen oder eine Erinnerung für einen späteren Zeitpunkt einstellen. Die Fahrten werden von einem Algorithmus so optimiert, dass möglichst viele Fahrgäste schnell und bequem an ihr Ziel gelangen. Die Fahrzeuge können überall an den Haltestellen im Stadtgebiet anhalten und Fahrgäste absetzen oder aufnehmen, die eine ähnliche Fahrtroute gebucht haben. Die Fahrzeuge des Wittlich-Shuttle sind Kleinbusse, die Platz für bis zu 8 Personen und einen Rollstuhl oder Kinderwagen bieten. Sie sind mit WLAN und USB-Anschlüssen ausgestattet. Maximal 3,30 Euro bezahlt man für eine einfache Fahrt.
Ein Blick in die App zum Wittlich-Shuttle: Zunächst wird man gefragt, wann man mit dem Wittlich-Shuttle fahren möchte. Anschließend gibt man den eigenen Standort und das Wunschziel auf einer Karte ein.
Danach folgen weitere Infos wie Zahl der Mitfahrer oder ob man Gepäck hat.
Der Algorithmus berechnet dann, welcher Kleinbus zu den Angaben passst und zur Verfügung steht.
In der App werden dann die nächsten Haltestellen am eigenen Standort (hier der Hauptbahnhof) und am Zielort (hier Ortsmitte Lüxem) angezeigt. Ebenso werden die genaue Abfahrts- und Ankunftszeit angegeben.
Unterhalb der Anzeige des Preises kommt man direkt zur Buchung.
Anfangs wurde das Projekt im Rahmen eines Modellvorhabens von der Deutschen Bahn mitfinanziert. Nach Auslaufen des Modellvorhabens hat sich die Stadt entschlossen, das Wittlich-Shuttle durch Eigenmittel weiter zu finanzieren. Der Zuschussbedarf aus dem städtischen Haushalt beträgt heute rund 190.000 €. „Normale“ Bus-Angebote in ähnlichen Städten benötigen zum Teil viermal so hohe Zuschüsse aus dem kommunalen Haushalt.
Um die Kosten langfristig im Griff zu behalten, haben Stadt und Betreiber bereits Weiterentwicklungen in den Blick genommen. Dazu gehört auch die Etablierung von autonomen Fahrzeugen, um die dominierenden Personalkosten senken zu können.
Was hat sich durch das Projekt geändert?
Die Umsetzung des Wittlich-Shuttle hat zu folgenden Veränderungen geführt:
- Erhöhung der Fahrgastzahlen: Die Fahrgastzahlen sind von ca. 240 auf 1.400 pro Monat gestiegen.
- Verbesserte Akzeptanz: Das Angebot wird von einer breiteren Zielgruppe angenommen. Dies zeigt sich sowohl an den gestiegenen Fahrgastzahlen als auch daran, dass das Angebot auch von jüngeren Menschen und Menschen mit Behinderungen genutzt wird.
- Effizienterer Fahrzeugeinsatz: Die Fahrzeuge sind besser ausgelastet als die Busse zuvor. Dies liegt an der flexiblen und bedarfsgerechten Linienführung.
- Verbesserte Erreichbarkeit: Das Angebot verbessert die Erreichbarkeit von Zielen im Stadtgebiet. Davon profitieren insbesondere Menschen, die über kein eigenes Auto verfügen oder auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind. So konnten, z.B. einige Gesundheitseinrichtungen besser angeschlossen werden, die bisher nur mit dem Auto erreichbar waren.
- Geringe Umweltbelastung: Durch das bedarfsgesteuerte System werden Leerfahrten reduziert. Die Umwelt wird dadurch weniger belastet.
So wurde es gemacht
Ziel
Ziel war es ein Mobilitätsangebot zu erhalten, das in seiner ursprünglichen Form, mit „normalen“ Stadtbussen für die Bürgerinnen und Bürger nicht attraktiv genug war. Das Ziel des Wittlich-Shuttle ist es, die Mobilität in der Stadt Wittlich und den umliegenden Stadtteilen zu verbessern. Dazu soll das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) attraktiver und flexibler gestaltet werden.
Vorgehen
Auf Initiative des Stadtrates wurde gemeinsam mit dem Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) und der Stadtverwaltung die Einrichtung eines Rufbusses als Ersatz für die Stadtbusse geprüft. Der Rufbus nahm 2016 seinen Betrieb auf. Im Jahr 2018 stieg die Deutsche Bahn-Tochter IOKI im Rahmen der Markterkundung ein. Das Unternehmen suchte ein Modellprojekt im ländlichen Raum für sein intelligentes Rufbussystem. Zunächst musste das alte Bussystem abgewickelt und in neue Fahrzeuge investiert werden. Eine Telefonzentrale wurde eingerichtet und später durch die App von IOKI ergänzt.
Aufwand
Die Umsetzung des Wittlich-Shuttle erforderte zunächst eine Investition in die Fahrzeuge und die Software. Die Stadt Wittlich unterstützte das Projekt in den ersten Jahren mit Hilfe von Zuschüssen der Deutschen Bahn. Seit 2023 wird das Shuttle vollständig aus dem städtischen Haushalt finanziert. Der Zuschussbedarf beträgt heute rund 190.000 Euro. „Normale“ Bus-Angebote in ähnlichen Städten benötigen zum Teil viermal so hohe Zuschüsse aus dem kommunalen Haushalt.
Verantwortliche
Die Planung und Durchführung des Projektes lagen federführend bei der Stadtverwaltung. IOKI und die Deutsche Bahn kamen im späteren Verlauf als Projektpartner hinzu.
Erfolgsfaktoren
Der Erfolg des Wittlich-Shuttles ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen:
- Das Angebot ist flexibel und passt sich den Bedürfnissen der Fahrgäste an.
- Die Fahrzeuge sind barrierefrei und somit auch für Menschen mit Behinderungen nutzbar.
- Das Angebot ist preisgünstig und damit für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich.
Stolpersteine
Ein Stolperstein ist die begrenzte Kapazität der Fahrzeuge. Die Auslastung des Wittlich-Shuttle ist in den letzten Jahren stark gestiegen, so dass die Kapazitätsgrenze fast erreicht ist. Um das Angebot weiter auszubauen, müsste die Anzahl der Fahrzeuge erhöht werden, was aufgrund des allgemeinen Personalmangels schwierig ist. Zudem muss jede weitere, neue Haltestelle aufwändig genehmigt werden.
Ansprechpartner
Sollten Sie Fragen zum Projekt haben, können Sie sich an folgenden Ansprechpartner wenden:
Rathaus Wittlich – Verkehrsbehörde
Jan Mußweiler
Tel: 06571/17-0
E-Mail: verkehrsbehoerde@stadt.wittlich.de
Für die Redaktion des Digital-Newsletters ist die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e. V. verantwortlich.
Der “Digital-Newsletter” wird unterstützt von: