Eisenberg (Pfalz) – Einmalige Sehenswürdigkeiten, tolle Zeitzeugen, Hobbyhistoriker, die lebendig von der reichen Geschichte erzählen, und liebevoll gestaltete Chroniken und Ausstellungen. Aber auch kurze Öffnungszeiten, unregelmäßige Führungen und kaum bekannte Ausflugsziele. Das sind die touristischen Grundlagen und Herausforderungen vieler Kommunen. Die Verbandsgemeinde Eisenberg in der Pfalz hat die guten Grundlagen ihres Grubenmuseums jetzt aufgewertet und stellt sich den Herausforderungen mit einer virtuellen Tour durch die Ausstellung.
Landesprojekt als Anstoß
2020 wurde die Verbandsgemeinde Eisenberg im Rahmen des Landesprojektes KuLaDig RLP (Kultur. Landschaft. Digital.) ausgewählt. Ziel des Landesprojektes ist es, die kulturelle Vielfalt in Rheinland-Pfalz systematisch zu erfassen und digital aufzubereiten, um sie besser sichtbar und nutzbar zu machen. Dazu werden jährlich Partnerkommunen gesucht, die bei der Erfassung und Digitalisierung ihrer kulturellen Schätze durch Beratung und eine Anschubfinanzierung von 1.000 Euro unterstützt werden. Das kulturelle Erbe der Kommune wird dann auf der Internetplattform KuLaDig erfasst. Die so gesammelten und aufbereiteten Informationen können dann in anderen Formaten verwendet werden, zum Beispiel für Führungen per App oder die Beschilderung von Sehenswürdigkeiten.
In Eisenberg in der Pfalz wurde das jahrhundertealte industrielle und wirtschaftliche Erbe der Region in den Fokus genommen und Stück für Stück digital erfasst. Dabei wurde das Grubenmuseum als kultureller und touristischer Rohdiamant entdeckt.
Beschreibung des Projektes
Das Grubenmuseum liegt auf dem Gelände eines stillgelegten Bergwerks in der bei Wanderern beliebten Erdekaut, einer durch den Bergbau entstandenen besonderen Naturlandschaft. Während die Erdekaut touristisch erschlossen ist, ist das Museum aufgrund der ehrenamtlichen Betreuung nur nach Voranmeldung geöffnet. Daher finden fast ausschließlich gebuchte Führungen statt. Auch in touristischen Publikationen wird das Museum kaum beworben. Es ist daher selbst bei Einheimischen weitgehend unbekannt.
Da eine hauptamtliche Betreuung für eine regelmäßigere Öffnung aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, kam schnell die Frage auf, wie es der Öffentlichkeit besser präsentiert werden könnte. Im Rahmen des Projektes KuLaDig wurden bereits Tonaufnahmen, Videos und Interviews mit Zeitzeugen gesammelt und digitalisiert. Um diese Medien in der besonderen Atmosphäre des Museums ansprechend darzustellen, sollte ein virtueller Rundgang entstehen, der Interessierten auch außerhalb der Museumsführungen zur Verfügung steht.
Für den virtuellen Rundgang nutzt die Verbandsgemeinde Eisenberg 360-Grad-Fotografien. Diese wurden mit einer Spezialkamera aufgenommen, die ein „Rundumbild“ ihrer Umgebung anfertigen kann. Diese Technik wird häufig von Immobilienmaklerinnen zur Darstellung von Räumlichkeiten oder im touristischen Bereich verwendet. Aus den einzelnen Fotografien wurde eine Tour zusammengestellt.
Für die 360-Grad-Aufnahmen wurde ein Fotograf engagiert, da das Projektteam zu diesem Zeitpunkt keine Erfahrungen mit dieser Technik hatte. Die Kosten beliefen sich auf ca. 1.000 Euro. Anschließend wurde aus den Aufnahmen und den im Rahmen des KuLaDig-Projektes gesammelten Medien mit der Software VR-Easy die Tour erstellt.
Wie funktioniert es?
Die virtuelle Tour ist beim Anbieter VR-Easy hinterlegt und abrufbar. Auf verschiedenen Veröffentlichungen zum Bergbaumuseum, z.B. auf der Internetseite der Verbandsgemeinde, ist die Tour verlinkt. Die Nutzer können so die Tour auf ihrem Smartphone, Tablet oder PC aufrufen und sich dann von Einzelaufnahme zu Einzelaufnahme durch das Museum bewegen. Bei jeder Einzelaufnahme gibt es die Möglichkeit, sich per Touchscreen oder per Maus zu drehen und sich so umzuschauen.
Auf den Einzelaufnahmen sind an bestimmten Objekten passende Tonaufnahmen, Videos oder Nahaufnahmen der Exponate verlinkt. Diese Zusatzinformationen wurden im Rahmen des Projektes KuLaDig-RLP erstellt. So erhalten die Besucherinnen nicht nur einen allgemeinen Eindruck vom Museum, sondern können die Geschichte wie bei einem echten Besuch erleben.
Einblick in die virtuelle Tour: Vom Grubenmuseum wurden einzelne solcher 360-Grad-Bilder angefertigt. Man kann sich per Maus und Touchpad drehen und umschauen. Über die Symbole, zum Beispiel an der Uniform und der Säge, kann man Filme, Nahaufnahmen der Exponate oder Tonaufzeichnungen abrufen. Durch das Museum bewegt man sich über die Navigationsleiste am unteren Bildrand oder durch Pfeil-Symbole auf den Aufnahmen.
Was hat sich durch das Projekt geändert?
Der virtuelle Rundgang durch das Bergbaumuseum hat den Bekanntheitsgrad des Museums deutlich erhöht. Viele Einheimische, aber auch Gäste wurden erstmals auf das Museum aufmerksam. So besuchten 2023 452 Menschen die virtuelle Tour. In diesem Jahr waren es bereits ca. 200. Damit konnte eine touristische Inwertsetzung erreicht werden.
Der Erfolg des Projektes hat auch der örtlichen Umsetzung des Projektes KuLaDig RLP einen deutlichen Schub gegeben. Die niedrigschwellige Technik und die einfache Umsetzung unterstützten die Entwicklung einer positiven Grundstimmung und die Gewinnung von ehrenamtlichen Helfern für die Umsetzung weiterer Projekte mit Bezug zur Industrie- und Wirtschaftsgeschichte der Region.
Dieser “Schwung” wurde bereits für die Digitalisierung des Römermuseums in Eisenberg genutzt, für das nun auch ein virtueller Rundgang zur Verfügung steht. Ein umfassendes Konzept zur Entwicklung einer gemeinsamen kulturellen Identität und zur weiteren Inwertsetzung der lokalen Sehenswürdigkeiten und Freizeitangebote ist in Arbeit.
So wurde es gemacht
Ziel
Im Rahmen des Projektes KuLaDig RLP sollte in der Verbandsgemeinde Eisenberg durch die Aufarbeitung und Erfassung von 10 historischen Objekten eine kulturelle Gesamtidentität entwickelt werden. Thema der Gesamtidentität in Eisenberg ist die Industrie- und Wirtschaftsgeschichte der Region von der Römerzeit bis heute.
Das Grubenmuseum als wichtiges Symbol für die reichhaltige und prägende Bergbaugeschichte Eisenbergs sollte aus seinem “Dornröschenschlaf” geholt werden. Die im Rahmen von KuLaDig entwickelten Medien sollten daher zeitgemäß und prominent präsentiert werden.
Vorgehen
Den Anstoß zur Digitalisierung des Grubenmuseums gab das Projekt KuLaDig RLP. In diesem Rahmen wurde das Museum als wichtiges kulturelles Erbe der Region identifiziert.
In einem ersten Schritt wurden das Grubenmuseum, seine Geschichte und seine Exponate digital erfasst.
Anschließend wurden die gesammelten Informationen in die Webplattform KuLaDig übertragen.
Für die virtuelle Tour wurden 360-Grad-Aufnahmen des Museums angefertigt.
Aus diesen wurde dann eine virtuelle Tour erstellt. Für die Erstellung der Tour wurde der Dienst VR-Easy verwendet, da das Team von KuLaDig RLP bereits mit diesem Dienst bereits gearbeitet hatte. Die für KuLaDig RLP gesammelten Informationen wurden in diese Tour eingearbeitet. Die Tour selbst ist über VR-Easy abrufbar.
Beispiel für eine eingebundene KuLaDig-Information: Hier wurde eine historische Videoaufnahme des Bergwerks verlinkt und kann während der virtuellen Tour abgerufen werden.
Aufwand
Der Aufwand für die Erstellung der Tour selbst war gering. Die 360-Grad-Bilder wurden von einem Fotografen für ca. 1.000 Euro erstellt. Für die Erstellung der virtuellen Tour konnte der Zugang des KuLaDig-RLP-Teams zum Anbieter VR-Easy genutzt werden. Die Erstellung der Tour erfolgte im laufenden Betrieb.
Deutlich aufwendiger war die vorherige Bewerbung für KuLaDig RLP, das den Rahmen für das Teilprojekt der virtuellen Tour bildete.
Verantwortliche
Für das Projekt KuLaDig-RLP wurde ein Projektteam aus Verwaltungsmitarbeiterinnen und Vertretern der Universität Koblenz gebildet. Die Recherche und Aufbereitung der Informationen zum kulturellen Erbe wurden von diesem Team übernommen. Die Koordination lag bei der Digitalbeauftragten der Verbandsgemeinde. Diese hatte zuvor auch die Bewerbung für KuLaDig RLP betreut.
Die Erstellung der 360-Grad-Bilder für die virtuelle Tour erfolgte durch einen Fotografen. Anschließend übernahm die Digitalbeauftragte die Erstellung der virtuellen Tour und die Verknüpfung mit den in KuLaDig erfassten Informationen. Dabei wurde sie von Seiten der Mitarbeiter von KuLaDig RLP unterstützt.
Erfolgsfaktoren
Ein wichtiger Erfolgsfaktor war die Einbettung der virtuellen Tour in KuLaDig RLP. So konnten die Kosten für den Fotografen durch die Förderung gedeckt werden. Der größte Mehrwert war jedoch die Beratung durch die KuLaDig-Mitarbeiter von der Universität Koblenz. Diese waren mit ihrer Erfahrung in den Bereichen 3D-Darstellung, Virtual Reality und Augmented Reality eine große Hilfe bei der Erstellung der Medien. Auch die Vernetzung mit anderen Kommunen im Rahmen von KuLaDig RLP half bei der Umsetzung der virtuellen Tour.
Stolpersteine
Eine Schwierigkeit besteht darin, die wissenschaftlich fundierten und detaillierten KuLaDig-Informationen in das touristische Format einer virtuellen Tour zu übersetzen. Auch der Rechercheaufwand war entsprechend groß. Um die touristische Inwertsetzung zu verbessern sind unter anderem ein Erlebnisbuch für Kinder und weitere interaktive Formate in Arbeit. Die KuLaDig-Informationen sollen dabei als „Steinbruch“ für zukünftige touristische Veröffentlichungen dienen.
Ansprechpartner
Sollten Sie Fragen zum Projekt haben, können Sie sich an folgende Ansprechpartnerin wenden:
Verbandsgemeindeverwaltung Eisenberg (Pfalz)
Marie-Luise Selzer
Tel: 06351 407-443
E-Mail: m-l.selzer@vg-eisenberg.de
Projektbeschreibung beim Netzwerk Digitale Dörfer
Für die Redaktion des Digital-Newsletters ist die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e. V. verantwortlich.
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