Nastätten (Rhein-Lahn-Kreis) – Mehr als 5.000 Beschäftigte verlassen täglich die Verbandsgemeinde Nastätten, um zur Arbeit zu pendeln. Viele von ihnen fahren über die B 42 nach Koblenz. Mit dem Ausbau und der teilweisen Sperrung der Strecke seit Anfang des Jahres stehen sie vor neuen Herausforderungen. In dieser Phase setzt die Verbandsgemeinde Nastätten auf Innovation: Eine clevere Mitfahr-App fördert gezielt Fahrgemeinschaften, um den Verkehr zu bündeln und den Verkehrsfluss zu optimieren.
Fahrgemeinschaft gesucht – und gefunden
Die Verbandsgemeinde Nastätten setzt auf die Plattform Pendla als zentrale Anlaufstelle für Ihre Initiative für mehr Fahrgemeinschaften. Die Anmeldung erfolgt unkompliziert mit E-Mail-Adresse und Namen. Im nächsten Schritt werden Wohn- und Arbeitsort angegeben.
Auf der interaktiven Karte werden die Pendelstrecken anderer Nutzer angezeigt. Ein ‘Match’-Wert in Prozent zeigt an, wie gut die eigenen Start- und Zieladressen mit denen anderer Pendler übereinstimmen. So lassen sich Mitfahrgelegenheiten leicht nach individuellen Bedürfnissen filtern. Die App ermöglicht auch die direkte Kontaktaufnahme, um unkompliziert Fahrgemeinschaften zu bilden.
Wer selbst eine Mitfahrgelegenheit anbieten möchte, kann in seinem Profil zusätzliche Informationen hinterlegen, wie etwa die Tage und Uhrzeiten der Fahrten, eventuelle Zwischenstopps oder individuelle Vorlieben wie das Rauchen im Auto. Interessierte können dann über die Plattform Pendla Kontakt aufnehmen.
Beschreibung des Projektes
Die Verbandsgemeinde Nastätten liegt im südlichen Teil des Rhein-Lahn-Kreises. Die über 16.000 Einwohner verteilen sich auf 32 Ortsgemeinden. Als ländlich geprägte Verbandsgemeinde mit vielen kleinen Ortsgemeinden ist die Auspendlerquote hoch. Mehr als 5.000 Beschäftigte arbeiten außerhalb der Verbandsgemeinde. Dies entspricht ca. 60% aller Beschäftigten, die in den dortigen Ortsgemeinden wohnen. Ein nicht unerheblicher Teil davon pendelt täglich über die B 42 nach Koblenz. Im Zuge der Sanierungsarbeiten rund um die Stadt Lahnstein wird die B 42 im gesamten Jahr 2024 in Teilbereichen gesperrt bleiben. Insbesondere für den PKW-Verkehr bedeutet dies Umwege und Staus. Eine entsprechende Alternative per Bahn oder Bus gibt es nicht.
Um die Auswirkungen der Sperrung abzumildern, entstand in der Verbandsgemeinde Nastätten die Idee, Fahrgemeinschaften zu fördern. Im Idealfall könnte so der tägliche PKW-Pendelverkehr reduziert und der Verkehrsfluss auf den Ausweichstrecken verbessert werden. Ein schöner Nebeneffekt wäre die Reduzierung des CO2-Ausstoßes durch weniger Autos.
Da die Beschäftigten aus der Verbandsgemeinde Nastätten in vielen unterschiedlichen Unternehmen arbeiten, ist die Bildung von Fahrgemeinschaften oder ähnlichem nicht einfach. Gleitzeit, Teilzeit-Modelle und Home-Office-Tage erhöhen den Koordinationsbedarf von Fahrgemeinschaften zusätzlich.
Um die Beschäftigten in der Verbandsgemeinde bei dieser Koordination zu unterstützen, hat die Verbandsgemeinde die Plattform Pendla, ein kommunales Portal zur Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten, eingeführt.
Wie funktioniert es?
Interessierte aus der Verbandsgemeinde Nastätten können sich kostenlos auf dem Portal registrieren. Dazu geben sie neben ihrem Namen auch eine Start- und eine Zieladresse an, also z.B. ihren Wohnort und ihren Arbeitsort. Auf einer interaktiven Karte werden dann Pendler mit ähnlichen Start- und Zieladressen angezeigt. Über das Portal können die Nutzer dann miteinander in Kontakt treten und Fahrgemeinschaften bilden.
Das Portal ist an die Verbandsgemeinde Nastätten und ihre Ortsgemeinden angepasst, so dass die Nutzer mit den Ihnen bekannten Logos, Wappen und Bildern begrüßt werden. Die Verbandsgemeinde selbst zahlt für die Bereitstellung des Portals eine monatliche Gebühr von einem Cent pro Einwohner. Darüber hinaus wirbt die Verbandsgemeinde regelmäßig für das Angebot.
Gewerbebetriebe können sich als Arbeitgeber auf der Plattform registrieren, um Fahrgemeinschaften innerhalb ihrer Belegschaft zu fördern. Die Mitarbeiter finden das Unternehmen dann mit Logo in der Vorauswahl möglicher Zieladressen. Die Suche nach passenden Mitfahrgelegenheiten wird so erleichtert.
Nach Eingabe eines Startortes (hier Nastätten) und eines Zielortes (hier die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz) vergleicht Pendla die eigene Pendlerstrecke mit der Route anderer Nutzer. Links sieht man die Ergebnisse dieses Vergleichs. Der Prozentwert gibt an, wie gut die Mitfahrgelegenheit zu den eigenen Angaben passt. Auf der Karte rechts sieht man die eigene Strecke (blau) und die Route der ausgewählten Mitfahrgelegenheit (hier in Orange).
Über ein sogenanntes Dashboard erhält die Verbandsgemeindeverwaltung einen Überblick über verschiedene Daten wie beispielsweise die Nutzungszahlen und deren Entwicklung. So können unter anderem die Wirkung einzelner Werbemaßnahmen oder der Nutzen der Mitfahr-Plattform insgesamt nachvollzogen werden.
Was hat sich durch das Projekt geändert?
Die Nutzung von Pendla in der Verbandsgemeinde Nastätten steht noch am Anfang. Durch die Bildung von Fahrgemeinschaften konnten bereits über 800.000 km “Einzelfahrten” eingespart werden. Etwa 4% der Auspendler nutzen derzeit das Angebot. Aufgrund der geringen Kosten und des überschaubaren Aufwands ist dies bereits jetzt ein Erfolg.
Um das Ziel eines besseren Verkehrsflusses während der Teilsperrung der B 42 zu erreichen, soll das Angebot in den nächsten Monaten verstärkt beworben werden.
Über ein Dashboard des Anbieters Pendla kann die Verbandsgemeindeverwaltung verschiedene Daten zur Mitfahr-Plattform auswerten. Hier sieht man zum Beispiel Informationen zur Anzahl der Nutzer („User“). Unten werden die Einsparungen durch die vermittelten Fahrgemeinschaften angezeigt.
Ziel ist es, dass das Angebot neben den Berufspendlern auch von weiteren Zielgruppen genutzt wird. Erste Erfolge konnten bereits zum Ausbildungsbeginn im Sommer 2023 erzielt werden. Hier konnten vermehrt Auszubildende erreicht werden. Auch für regelmäßige Freizeitaktivitäten könnte das Mitfahrer-Portal genutzt werden.
So wurde es gemacht
Ziel
Die Initiative für das Projekt ging vom Verbandsgemeinderat aus. Dort gab es Befürchtungen, dass die Vollsperrung der B 42 und damit der Wegfall einer wichtigen Pendlerstrecke zu Problemen für die Verbandsgemeinde führen könnte. Durch die verstärkte Bildung von Fahrgemeinschaften sollten die Anzahl der PKWs im Pendlerverkehr reduziert und die Ausweichstrecken entlastet werden.
Vorgehen
Die Einführung einer Mitfahr-Plattform für Pendler wurde als die effizienteste Methode zur Förderung von Fahrgemeinschaften angesehen.
Zunächst wurden verschiedene Anbieter recherchiert. Schlussendlich fiel die Wahl auf den Anbieter Pendla. Die Pendla-Plattform war bereits in einigen Gebieten in Rheinland-Pfalz im Einsatz. Zudem bot sie die Möglichkeit den Internet-Auftritt an die Verbandsgemeinde und ihre 32 Ortsgemeinden anzupassen.
Die Kommunikation mit dem Anbieter verlief schnell und unkompliziert. Die Verbandsgemeinde und die Ortsgemeinden wurden in die bestehende Plattform integriert. Die jeweiligen “Landing Pages”, also die Startseiten aus Nutzersicht, wurden angepasst, also mit Logos und individuellen Fotos der Gemeinden versehen.
Das Angebot wurde und wird regelmäßig beworben, um Pendler auf das Angebot aufmerksam zu machen und weitere Nutzer zu gewinnen. Daneben wurde die Plattform gezielt bei den Unternehmen in der Region beworben, um diese als Multiplikator zu gewinnen. Diese können sich bei der Plattform registrieren und tauchen so prominent in der Zielauswahl auf.
Aktuell soll die Werbung dahingehend optimiert werden, dass die Plattform zukünftig auch verstärkt für Mitfahrgelegenheiten zu Freizeitaktivitäten genutzt wird.
Aufwand
Der Aufwand für die Einführung war sehr gering. Die Plattform war bereits etabliert. Die Verbandsgemeinde Nastätten und die Ortsgemeinden wurden vom Anbieter in der Plattform angelegt. Für die Einrichtung entstanden der Verbandsgemeinde keine zusätzlichen Kosten.
Darüber hinaus mussten lediglich die optischen Anpassungen mit Logo und Bildern der Gemeinden von der Verwaltung übernommen werden.
Die laufenden Kosten belaufen sich auf ca. 160 € im Monat. Dies entspricht 1 Cent pro Einwohner.
Zusätzlich wirbt die Verbandsgemeinde im Amtsblatt regelmäßig für die Plattform.
Verantwortliche
Die Integration der Verbandsgemeinde und der Ortsgemeinden in die Plattform erfolgte durch den Anbieter.
Die Anpassung der Plattform an die Ortsgemeinden und die Verbandsgemeinde erfolgte durch die Verwaltung. Die Aufgabe wurde von einem Auszubildenden übernommen.
Die Verwaltung führt auch die Gespräche mit Unternehmen, um diese als Multiplikatoren für die Plattform zu gewinnen, und kümmert sich um die regelmäßige Werbung im Amtsblatt.
Erfolgsfaktoren
Für die schnelle Umsetzung war es sehr hilfreich, dass die Plattform bereits existierte und auch im weiteren regionalen Umfeld bereits in Gebrauch war.
Eine besondere Bedeutung für den Erfolg des Projektes hat Werbung. So steigen die Nutzerzahlen nach Anzeigen im Amtsblatt regelmäßig an. Besonders effektiv sind Werbemaßnahmen zu arbeitsmarktrelevanten Zeitpunkten. So wird unter anderem im Sommer vor dem Beginn der Ausbildungen für die Plattform geworben.
Mithilfe des Pendla-Dashboards kann die Verbandsgemeindeverwaltung nachvollziehen, wie sich bestimmte Werbeaktionen auswirken. Hier sieht man beispielsweise die Anzahl der Seitenaufrufe.
Stolpersteine
Als ein generelles Problem bei der Bildung von Fahrgemeinschaften haben sich gleitende Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle und Home-Office-Regelungen herausgestellt. Dadurch sinkt für den einzelnen Nutzer die Wahrscheinlichkeit eine passende Mitfahrgelegenheit zu finden.
Um dieses Hemmnis auszugleichen, wird die Plattform weiter beworben. Mehr Nutzer bedeuten eine höhere Wahrscheinlichkeit, Mitfahr-“Matches” zu finden.
Ebenso sollen vermehrt Unternehmen als Multiplikatoren gewonnen werden. So sollen gerade auch Betriebe mit festen Schichten oder Öffnungszeiten ihre Beschäftigten motivieren, die Plattform zu nutzen.
Ansprechpartner
Sollten Sie Fragen zum Projekt haben, können Sie sich an folgenden Ansprechpartner wenden:
Verbandsgemeinde Nastätten
Angela Michel
Tel: 06772/802-11
E-Mail: angela.michel@vg-nastaetten.de
Für die Redaktion des Digital-Newsletters ist die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e. V. verantwortlich.
Der “Digital-Newsletter” wird unterstützt von: