Puderbach (Westerwald) – Die Anmeldung des eigenen Handwerksbetriebes, die Abmeldung bei Eintritt in den Ruhestand oder die Verlegung einer Gaststätte – all das sind alltägliche Vorgänge, die oft mit bürokratischem Aufwand verbunden sind. In vielen Regionen bedeutet dies das Ausfüllen von Papierformularen. Die Verbandsgemeinde Puderbach im Westerwald setzt dagegen bereits auf zeitgemäße Digitalisierung durch ein benutzerfreundliches Webportal.
Mit eigenem System passend zum Fachverfahren
In der Verbandsgemeinde ist bereits seit längerem eine Software für das Fachverfahren Gewerbeverwaltung im Einsatz. Für die digitale Gewerbemeldung wird ein Webportal des gleichen Anbieters genutzt. Damit werden die Daten aus den Gewerbemeldungen direkt in das Fachverfahren übernommen. Für die Verwaltung entfällt das lästige Abtippen der ausgefüllten Formulare. Die Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde können mit dem Online-Gewerbedienst ihr Gewerbe weitgehend digital an-, um- und abmelden. Dabei werden sie Schritt für Schritt durch den Prozess geführt. So ist sichergestellt, dass keine wichtigen Angaben fehlen. Auch die Zahlung der Verwaltungsgebühr ist digital möglich. Lediglich eine Unterschrift und ein Scan des Personalausweises verweisen noch auf die analoge Welt. Dies ist leider noch notwendig, solange die eID (elektronische Identität, also die digitale Version des Personalausweises oder Reisepasses) noch nicht flächendeckend im Einsatz ist.
Beschreibung des Projektes
Die Verbandsgemeinde Puderbach hat während der COVID-Pandemie erfolgreich ein Terminvergabesystem eingeführt. Angespornt durch diesen Erfolg suchte die Verwaltung nach weiteren Bereichen für eine effiziente Digitalisierung. Die Wahl fiel auf das Gewerbemeldewesen, da es sich hierbei um einen vergleichsweise abgeschlossenen Themenbereich handelt.
Als mögliche Plattform für die Online-Gewerbemeldung wurde zunächst Civento in Betracht gezogen. In der Verbandsgemeinde war jedoch bereits seit längerem eine Software für das Fachverfahren Gewerbeverwaltung im Einsatz. Civento bot zu diesem Zeitpunkt keine passende Schnittstelle zu diesem Fachverfahren. Daher wurde der Anbieter der Software für das Fachverfahren angefragt. Dieser hatte bereits seit einiger Zeit eine entsprechende Lösung für digitale Gewerbemeldungen im Angebot und war gerade dabei, sein System umzustellen. So konnte die Verbandsgemeinde Puderbach noch Verbesserungsvorschläge einbringen.
So wurde beispielsweise auf ein Anmeldesystem mit Benutzerkonto zur Authentifizierung verzichtet, da dies der Verwaltung zu aufwändig erschien. Zudem soll in absehbarer Zeit mit der Bund-ID ein solches System ausgerollt werden, so dass dieses Anmeldesystem hinfällig wird. Stattdessen müssen die Nutzerinnen und Nutzer ihren Personalausweis und ihre Unterschrift zur Authentifizierung einscannen und bei der Gewerbeanmeldung hochladen.
Ein entscheidender Vorteil für die Verwaltung ist, dass die Daten der Gewerbeverwaltung nahtlos in die Fachverfahrenssoftware integriert werden können. Dies erleichtert nicht nur den Verwaltungsprozess erheblich, sondern stellt auch sicher, dass die Informationen direkt und korrekt in die zuständigen Systeme übernommen werden.
Wie funktioniert es?
Der Online-Gewerbedienst der Verbandsgemeinde Puderbach bietet den Bürgerinnen und Bürger eine unkomplizierte Möglichkeit, nahezu alle Belange der Gewerbemeldung bequem online zu erledigen. Im übersichtlichen Hauptmenü stehen die drei Optionen An-, Um- und Abmeldung zur Auswahl. Durch die Auswahl einer dieser Optionen wird der Nutzer durch den jeweiligen Vorgang geführt.
Jede der folgenden Seiten befasst sich mit einem bestimmten Thema, zum Beispiel dem Meldegrund oder der Adresse der Betriebsstätte. Durch die Verwendung von Pflichtfeldern und optionalen Feldern wird sichergestellt, dass alle erforderlichen Angaben gemacht werden. Nur bei vollständigen Angaben kann der Prozess fortgesetzt und zur nächsten Seite übergegangen werden. Der Online-Gewerbedienst ähnelt damit anderen bekannten Online-Formularen, z. B. für Hotelbuchungen oder Anmeldungen zu Fortbildungsveranstaltungen.
Auch die Zahlung der Verwaltungsgebühr ist online möglich, so dass fast der gesamte Prozess digitalisiert ist. Lediglich an zwei Stellen besteht noch eine Verbindung zur analogen Welt: Zur Bestätigung der Identität müssen der Personalausweis und eine Unterschrift eingescannt und hochgeladen werden. Hierfür reicht jeweils eine Bilddatei, so dass theoretisch auch die Kamera des Smartphones genutzt werden kann. Die Bestätigung des Meldevorgangs wird anschließend noch per Post zugestellt.
Ein Blick in den Online-Gewerbedienst: In der oberen Zeile sieht man, welche Teile der Anmeldung man bereits ausgefüllt hat. So behält man die Übersicht über den ganzen Vorgang. Im Mittelteil sieht man die Formularfelder zum Ausfüllen, hier gerade zur Adresse der Betriebsstätte. Am unteren Rand werden die noch offenen Pflichtfelder angezeigt. So weiß man, welche Angaben noch zu machen sind.
Aus Sicht der Verwaltung ist das System leider noch etwas analog. Da derzeit noch kein Dokumentenmanagementsystem (DMS) eingeführt ist, erfolgt die Ablage der Identifikationsnachweise noch klassisch mit Ausdrucken und Abheften. Die Daten aus der Meldung werden jedoch bereits über eine Schnittstelle direkt in das Fachverfahren der Gewerbeverwaltung übernommen. Dies zeigt den schrittweisen Übergang zu einer modernen, digitalisierten Verwaltungspraxis.
Was hat sich durch das Projekt geändert?
Der neue Online-Gewerbedienst wird von den Bürgerinnen und Bürgern gut angenommen. Es rufen zwar noch einige an oder melden ihr Gewerbe offline an, aber bereits ungefähr 40 % nutzen die Online-Gewerbemeldung.
Auf Seiten der Verwaltung wird das System als Arbeitserleichterung empfunden. Insbesondere lästige Tätigkeiten wie das Abtippen von ausgefüllten Formularen gehören der Vergangenheit an. Derzeit mag die Zeitersparnis noch nicht signifikant sein, dies soll sich jedoch mit der zukünftigen Anbindung des Systems an ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) ändern. Damit werden nicht nur die Prozesse weiter optimiert, sondern auch die Arbeitsabläufe effizienter gestaltet. Die Verwaltung blickt zuversichtlich in die Zukunft, in der die digitale Transformation weitere positive Auswirkungen auf die Arbeitsweise haben wird.
So wurde es gemacht
Ziel
Nach der erfolgreichen Einführung der Online-Terminvergabe häuften sich die Anfragen nach weiteren Digitalisierungsmaßnahmen. Da bisher noch kein Dokumentenmanagementsystem (DMS) implementiert war, suchte die Verwaltung nach einem abgeschlossenen Bereich, der sinnvoll und eigenständig digitalisiert werden konnte. Gleichzeitig sollte die Digitalisierung nach außen wirken, um den Bedarf für weitere Modernisierungen zu decken.
Die Wahl fiel schließlich auf den Bereich der Gewerbemeldungen. Dieser wurde strategisch ausgewählt, da die zugehörigen Prozesse sowohl aus Nutzer- als auch aus Sachbearbeitersicht optimal digitalisiert werden konnten. Ziel war es, einen möglichst reibungslosen und effizienten digitalen Prozess zu schaffen, der sowohl den Anforderungen der Bürgerinnen und Bürger als auch der Verwaltung gerecht wird.
Vorgehen
Im Frühjahr 2023 wurden verschiedene Softwarelösungen für die Online-Gewerbemeldung evaluiert, darunter auch Civento, das bereits in verschiedenen Kommunen im Einsatz ist, aber zu diesem Zeitpunkt noch keine Schnittstelle zu dem in der Verbandsgemeinde Puderbach eingesetzten Fachverfahren bot.
Daraufhin wurde der Anbieter der Fachverfahrenslösung kontaktiert. Dieser hatte bereits eine Lösung für eine entsprechende Plattform im Repertoire, die er gerade auf ein neues Konzept umstellte. Somit hatte die Kommune die Möglichkeit, auch ihre Erfahrungen in die Entwicklung einfließen zu lassen. Aufgrund dieser Möglichkeit, der guten Erfahrungen mit dem Anbieter und der überschaubaren Kosten wurde diese Lösung ausgewählt.
Anschließend wurden die genauen Spezifikationen zwischen der Projektleitung, der Fachabteilung, der IT-Abteilung und dem Anbieter besprochen. So wurde z.B. die Authentifizierung der Benutzer über ein Benutzerkonto diskutiert. Dies wurde jedoch letztendlich verworfen. Die Einrichtung eines Benutzerkontos würde eine weitere Hürde für die Nutzung des Angebots darstellen, zumal es noch zu wenige andere Angebote für das Benutzerkonto gibt. Zudem werde die Bund-ID in absehbarer Zeit flächendeckend für Verwaltungsdienstleistungen eingeführt. Stattdessen sollten die Nutzer zur Authentifizierung ein Bild ihres Personalausweises und ihre Unterschrift hochladen.
Es folgte eine interne Testphase, in der die Funktionalität des Dienstes sowie die Online-Bezahlfunktionen für Gebühren getestet wurden. Gerade letzteres war wichtig, um die internen Geldflüsse korrekt verbuchen zu können.
Seit April 2023 ist der Online-Gewerbemeldedienst der Verbandsgemeinde Puderbach nutzbar.
Aufwand
Der finanzielle Aufwand für die Einführung lag zwischen 2.000 und 3.000 Euro. Die laufenden Kosten werden im Rahmen der Kosten für das Fachverfahren abgebildet. Der personelle Aufwand für die IT-Abteilung der Verwaltung ist gering und erfolgt im Rahmen des normalen laufenden Betriebes.
Verantwortliche
Die Umsetzung erfolgte durch die Projektleitung in enger Abstimmung mit der Fachabteilung. Sie organisierte insbesondere die Testphase. Dabei koordinierte die Projektleitung auch die Zusammenarbeit mit der Gemeindekasse. Die Software selbst wurde durch den Anbieter implementiert. Die Anbindung der Meldeplattform an das Fachverfahren erfolgte durch den Anbieter und die IT-Abteilung. Ansonsten wurde die IT-Abteilung nur in Einzelfällen bzw. beratend hinzugezogen.
Erfolgsfaktoren
Ein großer Vorteil war, dass die Initiative von der zuständigen Abteilung ausging. Dies führte zu einer hohen Motivation bei der Umsetzung und späteren Nutzung. Dazu trug auch die gute Anbindung an das bekannte Fachverfahren und die Zusammenarbeit mit dem bereits bekannten Softwareanbieter bei. Durch die gute Zusammenarbeit mit dem Anbieter konnten auch einige für die Verwaltung wichtige Aspekte in der Software umgesetzt werden, wie z.B. der Ausdruck der Ausweisdokumente mit nur einem Mausklick.
Stolpersteine
Die derzeitige Lösung für die Zahlung der Verwaltungsgebühren ist noch schwierig. Sie basiert auf ePay21 und ist nicht gut in die Systeme der Verwaltung integriert und mit erhöhtem Aufwand verbunden. Hier wird auf die Bund-Länder-Lösung EpayBL gewartet, die diese Problematik beseitigen soll.
Ebenso fehlt noch die Integration in ein DMS, um den gesamten Prozess auf Verwaltungsseite digital zu gestalten. An der Einführung eines DMS wird jedoch bereits gearbeitet.
Leider ist der Online-Gewerbemeldedienst noch nicht so bekannt, dass die Mehrzahl der Gewerbemeldungen darüber erfolgt. Daher soll das Angebot nochmals beworben werden.
Ansprechpartner
Sollten Sie Fragen zum Projekt haben, können Sie sich an folgenden Ansprechpartner wenden:
Verbandsgemeindeverwaltung Puderbach
Digitalisierungsbeauftragter
Lukas Kleinfeld
Tel: 02684 858-502
E-Mail: lukas.kleinfeld@puderbach.de
Für die Redaktion des Digital-Newsletters ist die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e. V. verantwortlich.
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