Zweibrücken – Wie können digitale Sprachassistenten ältere Menschen im Alltag unterstützen und ihre Einsamkeit verringern? Im Modellprojekt „Digitale Nachbarn“ untersuchten die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz (EA), der Landesverband Rheinland-Pfalz des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), der DRK-Kreisverband Südwestpfalz und das Fraunhofer-Institut IESE genau diese Frage. In Zweibrücken-Ixheim testeten Senioren den Sprachassistenten Alexa in ihrem Alltag.
Vernetzung im Quartier durch digitale Sprachassistenten
Digitale Sprachassistenten wie Alexa von Amazon reagieren auf gesprochene Befehle. Sie können Informationen bereitstellen, Aufgaben ausführen oder mit den Nutzern kommunizieren. Sie sind in Smartphones, Autos oder intelligenten Lautsprechern verbaut. Einer dieser intelligenten Lautsprecher ist der „Echo“, auf dem der Sprachassistent Alexa läuft. Im Projekt „Digitale Nachbarn“ wurden den Teilnehmern „Echos“ mit einem Bildschirm zur Verfügung gestellt, um auch Videotelefonie zu ermöglichen.
Das Ziel des Projekts war es, herauszufinden, ob solche Sprachassistenten soziale Kontakte stärken, Einsamkeit verringern und Senioren unterstützen können, ein selbstbestimmtes Leben zu Hause zu führen. Gerade für ältere Menschen, die oft weniger mobil oder technisch unerfahren sind, bieten Sprachassistenten einen einfachen Zugang zu digitalen Angeboten. Sprechen bleibt auch im hohen Alter eine intuitive Fähigkeit, die hier gezielt genutzt wurde.
Da viele Nutzer nicht zwischen Gerät (dem intelligenten Lautsprecher) und Software (Sprachassistent) unterscheiden, wird im Folgenden für den Echo der Begriff „Alexa-Gerät“ verwendet.
Beschreibung des Projektes
Viele Senioren verlieren mit der Zeit Kontakte in ihrem Umfeld. Mobilitätseinschränkungen oder weit entfernte Wohnorte von Freunden und Familienmitgliedern erschweren den Austausch. Diese Isolation kann dazu führen, dass wichtige Netzwerke zur Bewältigung des Alltags wegbrechen.
Das Projekt „Digitale Nachbarn“ von Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz, dem Landesverband Rheinland-Pfalz des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), dem DRK-Kreisverband Südwestpfalz und dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE), das 2018 begann und bis 2024 lief, setzte genau hier an. Es untersuchte, wie Sprachassistenten wie Alexa dabei helfen können, Einsamkeit zu reduzieren und ältere Menschen digital zu vernetzen.
Die Teilnehmer des Modellprojekts waren alle über 75 Jahre alt und hatten keine Vorerfahrung mit der digitalen Welt. Sie wurden vom DRK-Kreisverband Südwestpfalz intensiv begleitet: Die Mitarbeiter halfen nicht nur bei der Einführung der Sprachassistenten, sondern unterstützten die Senioren auch mit Gruppentreffen, in denen sie gemeinsam Funktionen entdeckten und sich austauschten.
Die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz fasste die Projektergebnisse in einer Broschüre zusammen, die im September 2024 veröffentlicht wurde. Diese zeigt, wie das Projekt umgesetzt werden kann, und gibt praktische Hinweise, wenn man ähnliche „digitale Nachbarschaften“ aufbauen möchte. Ergänzt wird die Broschüre durch eine anschauliche Erzählung über drei fiktive Senioren, die sich mithilfe von Alexa vernetzen.
Seit Mitte 2024 wird das Folgeprojekt „Gemeinsam Digital Zweibrücken“ vom örtlichen Roten Kreuz durchgeführt.
Wie funktioniert es?
Die Organisation vor Ort lag beim DRK-Kreisverband Südwestpfalz. Zu den Aufgaben gehörte zunächst die Suche nach Teilnehmern. Da die Zielgruppe älterer Menschen oft nicht online unterwegs ist, wurde auf digitale Kanäle verzichtet. Stattdessen informierten die Projektverantwortlichen über die lokale Presse, Amtsblätter, Vereinsbriefe und Gemeindeblätter sowie mit Flyern, die direkt in die Briefkästen verteilt wurden.
Besonders wichtig war der persönliche Kontakt über den bestehenden Quartierstreff des DRK. Dort fanden Informationsveranstaltungen statt, bei denen Fragen zum Projekt beantwortet wurden. Dabei konnten auch Bedenken von Angehörigen geklärt werden. Auf diese Weise gelang es, zunächst rund zehn Senioren als Teilnehmer zu gewinnen.
Im nächsten Schritt erhielten die teilnehmenden Senioren einen Internetanschluss und jeweils ein Alexa-Gerät. Regelmäßige „Kaffeerunden“ im Quartierstreff dienten dem Erfahrungsaustausch untereinander und mit den Projektmitarbeitern.
Ein Schwerpunkt lag auf der Videotelefonie: Geplante und spontane Videoanrufe zwischen den Teilnehmern und ihren Angehörigen bzw. Projektmitarbeitern halfen, die Technologie schrittweise in den Alltag einzubinden. Auch weitere Funktionen wie Musik, Wettervorhersagen und Erinnerungen (zum Beispiel: „Alexa, erinnere mich morgen um 8 Uhr daran, meine Medikamente zu nehmen.“) wurden gerne genutzt. Besonders innovativ war die Integration von Gottesdiensten sowie lokaler Nachrichten, die über Ehrenamtliche des DRK bereitgestellt wurden.
Ein weiterer innovativer Ansatz war die Bereitstellung lokaler Nachrichten. Ehrenamtliche Helfer des DRK arbeiteten mit den Zeitungen Rheinpfalz und Pfälzischer Merkur zusammen, um Inhalte wie lokale Nachrichten über die Alexa-Geräte abrufbar zu machen. Dies wurde durch ein technisches System des Fraunhofer IESE ermöglicht.
Die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz hat im September 2024 die Ergebnisse des Projektes in einer Broschüre zusammengefasst. So haben Interessierte eine Hilfestellung ein vergleichbares Projekt umzusetzen. Die Broschüre ist auch online abrufbar.
Was hat sich durch das Projekt geändert?
Für die Senioren wurde das Alexa-Gerät schnell ein selbstverständlicher Teil ihres Alltags. Es spielte Musik und Nachrichten, beantwortete Fragen und unterstützte dabei, den Tag zu organisieren. Viele Teilnehmer fanden so einen einfachen Einstieg in die digitale Welt.
Neben der praktischen Unterstützung machten die Sprachassistenten den Alltag auch unterhaltsamer. Die Senioren nutzten die regelmäßigen „Kaffeerunden“, um ihre Erfahrungen auszutauschen. Diese Treffen boten Gelegenheit, neue Funktionen gemeinschaftlich zu entdecken und machten das Projekt zu einem sozialen Erlebnis.
Ein besonderer Mehrwert war die Möglichkeit der Videotelefonie. Sie erlaubte es, mit Angehörigen oder anderen Teilnehmern in Kontakt zu bleiben. Dies machte sich besonders während der Corona-Pandemie bemerkbar, als persönliche Treffen stark eingeschränkt waren. Die Sprachassistenten trugen in dieser Zeit dazu bei, Isolation zu verringern und soziale Kontakte aufrechtzuerhalten.
Das Projekt zeigte, dass digitale Sprachassistenten nicht nur nützliche Alltagshelfer sind, sondern auch helfen können, Einsamkeit zu bekämpfen und die soziale Teilhabe zu stärken.
Die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz hat die Erfahrungen aus dem Projekt in einer Broschüre zusammengefasst. Diese dient als Anleitung dafür, wenn man ähnliche Projekte in der eigenen Umgebung starten möchte, um Senioren besser in die digitale Welt zu integrieren.
So wurde es gemacht
Ziel
Das Projekt „Digitale Nachbarn“ verfolgte das Ziel, herauszufinden, wie ältere Menschen von digitalen Sprachassistenten wie Alexa profitieren können. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob diese technischen Helfer den Alltag erleichtern, soziale Kontakte stärken und ein längeres, selbstbestimmtes Leben zu Hause ermöglichen können.
Vorgehen
Das Projekt wurde in Zweibrücken-Ixheim durch den Kreisverband Südwestpfalz des Deutschen Roten Kreuzes umgesetzt. Dadurch konnte auf bereits vorhandene Strukturen einer Hilfsorganisation zurückgegriffen werden. Ehrenamtliche Helfer unterstützten die Umsetzung, und der Quartierstreff des DRK diente als zentraler Ort für Informationsveranstaltungen und Gruppentreffen.
Um Teilnehmer zu gewinnen, war gezielte Öffentlichkeitsarbeit entscheidend. Das Projekt wurde über lokale Kanäle wie Amtsblätter, Zeitungen, Gemeindebriefe und Flyer bekannt gemacht. Darüber hinaus fanden Veranstaltungen im Quartierstreff statt, bei denen offene Fragen geklärt und auch Angehörige informiert wurden.
Alle Teilnehmer erhielten einen Internetanschluss sowie ein Alexa-Gerät, das mit Unterstützung des DRK in ihren Wohnungen eingerichtet wurde. Die Geräte wurden vor Ort getestet, um sicherzustellen, dass sie problemlos funktionierten.
Ein wichtiger Bestandteil des Projekts waren die regelmäßigen Gruppentreffen, die wöchentlich im DRK-Quartierstreff stattfanden. Während dieser Treffen lernten die Senioren den Umgang mit den Geräten und konnten ihre Erfahrungen und Erkenntnisse miteinander teilen.
Im Umgang mit der Videotelefonie wurden die Senioren praxisnah geschult. Die Projektmitarbeitenden führten spontane und geplante Videoanrufe mit den Teilnehmern durch, um sie schrittweise an die Technik zu gewöhnen. Auch Angehörige wurden hier einbezogen.
Fraunhofer IESE begleitete das Projekt wissenschaftlich. In der ersten Phase (bis 2020) nahmen die Experten an einigen Gruppentreffen teil, führten Interviews und analysierten anonymisierte Daten zur Gerätenutzung. Darüber hinaus entwickelte das Fraunhofer-Team zusätzliche Softwarelösungen, um die Funktionen der Alexa-Geräte auf die Bedürfnisse der Senioren zuschneiden zu können.
Aufwand
Das Modellprojekt lief über sechs Jahre und erforderte insbesondere in der Anfangsphase einen höheren Aufwand an Zeit, Personal und finanziellen Mitteln. Besonders kosten- und zeitintensiv waren die Anschaffung der Alexa-Geräte und die Einrichtung von Internetanschlüssen in den Wohnungen der Teilnehmer.
Zur Umsetzung vor Ort stellte das DRK eine Projektkoordinatorin sowie ein Team aus mehreren ehrenamtlichen Helfern bereit. Außerdem wurde ein technischer Support eingerichtet, um bei technischen Problemen schnell reagieren zu können.
Verantwortliche
Die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz initiierte das Projekt, übernahm die Steuerung und koordinierte die Zusammenarbeit der beteiligten Partner.
Der Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) unterstützte die Projektstruktur und steuerte das Projekt mit.
Vor Ort im Stadtteil Zweibrücken-Ixheim war der DRK-Kreisverband Südwestpfalz federführend. Sein Team organisierte die Gruppentreffen, betreute die Teilnehmer und schulte sie im Umgang mit den Alexa-Geräten. Zudem stellte der Kreisverband eine Projektkoordinatorin, die als zentrale Ansprechpartnerin vor Ort fungierte.
Das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE) unterstützte das Projekt durch wissenschaftliche Begleitung und die Entwicklung technischer Lösungen. Das Team analysierte anonymisierte Gerätedaten und optimierte die Funktionen der Sprachassistenten.
Erfolgsfaktoren
Die vertrauensvolle Begleitung durch die Projektkoordinatorin und ihr Team schuf eine offene Atmosphäre, die den Senioren half, Ängste vor neuer Technik abzubauen. Viele Teilnehmer waren zudem interessiert und neugierig, die Sprachassistenten auszuprobieren. Dies förderte den gegenseitigen Austausch während der Gruppentreffen.
Besonders die wöchentlichen Kaffeerunden waren wichtig, da sie Raum für Kommunikation und gemeinsame Lernerfahrungen boten. Auch während der Corona-Pandemie leistete das Projekt einen besonderen Beitrag, da durch die Technologie Kontakte aufrechterhalten wurden, die ansonsten nicht möglich gewesen wären.
Stolpersteine
Ein wesentlicher Stolperstein war die anfängliche Skepsis von Angehörigen. Viele standen der eingesetzten Technologie, insbesondere in Bezug auf Datenschutz, kritisch gegenüber. Diese Unsicherheiten wurden gezielt durch Informationsveranstaltungen und Informationsmaterial adressiert. So konnten Fragen zu Datensicherheit und Nutzungsmöglichkeiten frühzeitig geklärt werden.
Die aktive Einbindung der Angehörigen war ein weiterer wichtiger Schritt, um Vorbehalte abzubauen. Besonders hilfreich war es, dass sie die Möglichkeit bekamen, selbst Videotelefonate mit den Projektteilnehmern durchzuführen. Diese positiven Erfahrungen und der direkte Nutzen stärkten das Vertrauen in die Sprachassistenten.
Ansprechpartner
Sollten Sie Fragen zum Projekt haben, können Sie sich an folgenden Ansprechpartner wenden:
DRK-Kreisverband Südwestpfalz
Frau Petra Zur / Herr Nico Lipps
c/o DRK-Quartierszentrum
Allensteinstraße 25a
66482 Zweibrücken
info@DRK-gemeinsam.digital
Für die Redaktion des Digital-Newsletters ist die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e. V. verantwortlich.
Der “Digital-Newsletter” wird unterstützt von: