Bad Dürkheim (Pfalz) – Von wegen verstaubt: Das Stadtmuseum im Kulturzentrum Haus Catoir in Bad Dürkheim hat seine Ausstellung mit moderner Technik auf den neuesten Stand gebracht. Jetzt kann man das Museum vom heimischen Sofa aus erkunden. Erlebbar und erfahrbar wird das Museum durch einen 360°-Rundgang, Videos und digitale Informationen zu zahlreichen Ausstellungsstücken.
Mit Kameras und einer Online-Plattform in die Vergangenheit reisen
Moderne Technologie und Museen schließen sich nicht aus: Virtuelle Darstellungsmethoden können auch kommunalen Museen helfen, ein neues Publikum zu finden und Geschichte lebendig zu machen. In der ersten Phase der Covid-Pandemie entstand die Idee, die Ausstellung zu digitalisieren. 800 m² Ausstellungsfläche wurden in 360° fotografiert und als virtueller Rundgang umgesetzt.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Museums begegnen den Besucherinnen und Besuchern in Videos, die in den Rundgang eingebettet sind. So erzählen sie zum Beispiel verkleidet als römischer Steinbrucharbeiter, als Abt des Limburger Klosters oder als Bürger der Biedermeierzeit aus der jeweiligen Epoche.
Darüber hinaus wurden über 7.000 Objekte (Stand April 2024) für die Objektdatenbank „Museum digital“ erfasst und sind dort abrufbar. „Museum digital“ ist eine Plattform, auf der rheinland-pfälzische Museen Informationen zu ihren Sammlungen und Objekten veröffentlichen. Bad Dürkheim ist eines von derzeit 88 teilnehmenden Museen. Die Objekte können so auch außerhalb des Rundgangs genutzt werden. Die Museen schaffen damit einen digitalen Ausstellungskatalog, aber auch niedrigschwellige Angebote für Schulen, Forschung und Interessierte.
Über 50.000 Objekte des Stadtmuseums sollen am Ende als Datensatz zur Verfügung stehen.
Die rheinland-pfälzische Plattform ist Teil der gleichnamigen bundesweiten Plattform.
Beschreibung des Projektes
800 m² Ausstellungsfläche, 6.000 Jahre Stadtgeschichte, geschätzte 50.000 Objekte, wechselnde Sonderausstellungen und ein knappes Budget, aber viel Kreativität und Wille – das war die Ausgangssituation zu Beginn des Projektes. Durch die Corona-Pandemie und die Einschränkungen für Besucher entstand die Idee, einen virtuellen Rundgang zu erstellen. Interessierte sollten die Möglichkeit haben, das Museum zu besuchen, ohne vor Ort zu sein. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass das Stadtmuseum Bad Dürkheim dadurch bundesweit bekannter wird.
Für die Umsetzung fotografierte ein Kamerateam das Museum mit 360°-Kameras. Anschließend wurde ein Rundgang erstellt. Die Datenbank von „Museum digital“ wurde ebenso wie der Rundgang online zur Verfügung gestellt und liefert Informationen zu den Exponaten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in historischen Kostümen beleben die Ausstellung in kurzen Filmen.
Auch Sonderausstellungen wie die beliebte Playmobil-Figuren-Ausstellung bleiben so erhalten und können wie die Dauerstellung und der Rundgang jederzeit auf der Webseite wieder besucht werden.
Im Museum selbst werden Videoinstallationen, Tonaufnahmen und 3D-Animationen eingesetzt, um die Besucherinnen und Besucher noch näher an vergangene Zeiten heranzuführen. Moderne Technik, digitale Objektdatenbanken, Animationen und ein wenig Mut haben das Museum zukunftsfähig gemacht und für Menschen geöffnet, die sonst vielleicht keinen Zugang zur Geschichte haben.
Wie funktioniert es?
Über die Seite des Stadtmuseums gelangt man zum virtuellen Rundgang. Ähnlich wie bei Google Street View kann man sich nun immer weiter durch das Museum klicken. Oder man wählt gezielt Ausstellungsräume aus und besucht diese. Einzelne Objekte, Bilder, Informationstafeln im Rundgang können auch digital näher betrachtet werden. Mit der Maus kann man erkunden, welche Ausstellungsstücke bereits digital vorliegen und die hinterlegten Informationen lesen. Von den geschätzten 50.000 Objekten des Museums sind bereits über 7.000 in einer Datenbank öffentlich zugänglich, über 23.000 sind inzwischen digitalisiert. Video- und Tonaufnahmen lassen sich ebenfalls per Mausklick abspielen und verstärken so das Gefühl, tatsächlich im Museum zu sein.
Einblick in den Rundgang: Hier sieht man das Video eines Museumsmitarbeiters, der als mittelalterlicher Söldner aus dem 14. Jahrhundert berichtet. Diese und weitere Medien und Texte sind an verschiedenen Stellen im 360°-Rundgang hinterlegt und können per Klick abgespielt bzw. gelesen werden.
Was hat sich durch das Projekt geändert?
Die Umsetzung des digitalen Museums hat zu folgenden Veränderungen geführt:
Das Museum konnte nicht nur die Zugriffe auf die Onlinepräsenz steigern, sondern ist nun eines der besonders barrierearmen Museen in Deutschland. Menschen mit eingeschränkter Mobilität können es sogar von zu Hause aus besuchen.
Das Angebot wird von einer breiteren Zielgruppe angenommen. Vorträge im Museum können nicht nur vor Ort, sondern auch digital besucht werden.
Viele Menschen schauen sich die Ausstellung bereits vor dem Museumsbesuch digital an, stellen vor Ort fundierte Fragen und setzen sich intensiv mit dem Gezeigten auseinander.
Die Resonanz und die Angebote haben den Blick der Verantwortlichen auf die Nachfrage und die Interessen der Besucherinnen und Besucher geschärft.
So wurde es gemacht
Ziel
Das Museum sollte auch während Schließzeiten, wie durch die Corona-Lockdowns, für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Ebenfalls sollten die Exponate auch über die Museumsgrenzen hinaus besser präsentiert werden.
Vorgehen
Während des ersten Lockdowns zu Corona-Zeiten produzierten die Gästeführer kleine Videos über einzelne Geschichten aus dem Museum. Diese Videos kamen sehr gut an und werden noch heute auf Youtube und Co. angeschaut. Dann kam ein externer Mitarbeiter des Museums auf die Idee, das Museum mit einer 360°-Kamera zu filmen. Dies wurde innerhalb eines Tages umgesetzt. Anschließend wurde eine Software angeschafft, die daraus Rundgänge generieren und mit Zusatzinformationen versehen kann. Bis auf die Aufnahmen und die Lizenzen für die Software wurde alles von den Museumsmitarbeitern selbst umgesetzt.
Bis heute sind verschiedene thematische Rundgänge durch das Museum entstanden, die auch durch digitale Schnitzeljagden für junge Zielgruppen ergänzt wurden.
Bei einem Wechsel der Ausstellungen können auch bereits gezeigte Exponate weiterhin zugänglich bleiben. Bereits im ersten Monat nutzten über 1.000 Menschen das neue Angebot des Museums.
Inzwischen hat das Museum eine eigene 360°-Kamera angeschafft und plant eigene Projekte. Nicht nur im Museum selbst, sondern auch in der Stadt sollen Orte fotografiert und zugänglich gemacht werden. So soll beispielsweise die Ausgrabungsstätte einer römischen Villa mit der neuen Technik dargestellt werden.
Aufwand
Die Sachkosten für die Kamera belaufen sich auf einige hundert Euro. Hinzu kommt eine jährliche Lizenzgebühr für die Software, die ebenfalls überschaubar ist. Der Personalaufwand, insbesondere für die Darstellung der Rundgänge, ist nicht zu unterschätzen. Dennoch konnten alle neuen Angebote vom Museumsteam neben dem Tagesgeschäft bewältigt werden.
Verantwortliche
Verantwortlich für die Umsetzung ist die Museumsleitung. Sie wurde bei der Erstellung der Videos von ehrenamtlichen Museumsführern und punktuell von externen Museumsmitarbeitern unterstützt.
Erfolgsfaktoren
Wichtig war die Ausrichtung auf das Zielpublikum. Es sollten vor allem digital affine Menschen angesprochen werden. Daher war es wichtig, die Online-Präsentation durch eine umfassende Tour so attraktiv wie möglich zu gestalten.
Ebenso wichtig war es, auch Menschen ohne große digitale Erfahrung nicht zu vergessen. Bei der Auswahl der Software wurde darauf geachtet, dass das Angebot ohne große Vorkenntnisse genutzt werden kann.
Die zusätzlichen Angebote neben der 360°-Tour werten das Angebot weiter auf. So wurden Videos der Gästeführer in historischen Kostümen in die Tour integriert. Außerdem wurden viele Objekte mit der Datenbank „Museum Digital“ verknüpft, um den Besuchern zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen.
Viele der gezeigten Objekte werden im Rundgang nur kurz beschrieben. Daneben wird wie hier auf die Plattform „Museum digital“ verwiesen, bei der man genauere Infos zu dem Objekt findet.
Stolpersteine
Eine Herausforderung war die Beschaffung und Einarbeitung in eine geeignete Software für die Rundgänge. Die Software sollte aus Sicht der Besucher möglichst niederschwellig und einfach zu bedienen sein. Gleichzeitig mussten die ehrenamtlichen Mitarbeiter geschult werden. Nach sorgfältiger Einarbeitung und intensiven Schulungen ist die Arbeit mit der Software heute selbstverständlich. Änderungen und Ergänzungen können schnell umgesetzt werden.
Ansprechpartner
Sollten Sie Fragen zum Projekt haben, können Sie sich an folgende Ansprechpartner wenden:
Stadtverwaltung Bad Dürkheim
Leiterin Kulturbüro der Stadt
Dr. Yvonne Petrina
Tel: 06322935-4002
E-Mail: dr.yvonne.petrina@bad-duerkheim.de
Stadtmuseum Bad Dürkheim
Leiterin
Dr. Britta Hallmann-Preuß
Tel: 06322935-4301
E-Mail: britta.hallmann-preuss@bad-duerkheim.de
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